Energiesituation Schweiz - und die Spitex?
Der Energiebedarf der Schweiz wird heute zu rund 90% durch Erdöl, Elektrizität und Erdgas gedeckt. Knapp 80% der Energie muss in der einen oder anderen Form aus dem Ausland eingeführt werden. Aufgrund der geopolitischen und wirtschaftlichen Entwicklung wird die mögliche Situation einer Energiemangellage derzeit intensiv diskutiert.
Der Bundesrat hat sich dazu auch bereits verschiedentlich geäussert (z.B. Medienmitteilung vom 31.08.2022 oder Medienmitteilung vom 24.08.2022). Der Bundesrat hat am 31.08.2022 eine Energiesparkampagne lanciert (www.nicht-verschwenden.ch).
Abgesehen vom mobilitätsbedingten Energieverbrauch steht für die Spitex-Organisationen die Stromversorgung im Zentrum, weshalb die weiteren Ausführungen auf dieses Thema fokussieren. Nicht eingegangen wird derzeit auf die Situation im Gas- und Ölbereich.
Es gilt betreffend Strom zwei Situationen zu unterscheiden:
1. Strommangellage
Definition: Die Nachfrage nach Strom übersteigt das Angebot. Im Sommer kann die Schweiz ihren Strombedarf mit inländischer Produktion problemlos decken und Energie exportieren. Im Winter sieht es anders aus, weshalb das Risiko für eine Strommangellage in dieser Jahreszeit ansteigt. Tritt tatsächlich eine Strommangellage ein, wird auf Anweisung der Wirtschaftlichen Landesversorgung die «Organisation für Stromversorgung in Ausserordentlichen Lagen», kurz OSTRAL, aktiv. Der Bund ordnet dann Massnahmen an, die das Gleichgewicht zwischen Produktion und Verbrauch auf reduziertem Niveau sicherstellen sollen.
Im Falle einer Strommangellage sieht das OSTRAL neben Massnahmen zur Lenkung des Stromangebots folgendes Eskalationsmodell zur Reduktion des Stromverbrauchs vor:
- Sparappelle: Sie richten sich an die Bevölkerung, sind noch ohne Erlass einer Bewirtschaftungsverordnung umsetzbar und auf freiwilliger Basis einzuhalten.
Massnahmen, die eine in Kraft gesetzte Bewirtschaftungsverordnung voraussetzen: - Verbrauchseinschränkungen: Sie verbieten nicht absolut notwendige, energieintensive Geräte und Einrichtungen, wie beispielsweise Beleuchtungen zu Werbezwecken, Rolltreppen oder Komfortheizungen im Aussenbereich.
- Sofortkontingentierung und Kontingentierung: Alle Grossverbraucher sind verpflichtet, eine bestimmte Strommenge einzusparen. Als Grossverbraucher gelten Stromkunden mit einem Jahresverbrauch von mehr als 100’000 kWh (gemäss Art. 11 der Stromversorgungsverordnung).
- Netzabschaltungen: Für einzelne Bereiche eines Verteilnetzgebiets wird die Stromversorgung jeweils für mehrere Stunden unterbrochen. Die Unterbrechungen finden rotierend statt und betreffen alle Bereiche des Verteilnetzes gleichermassen. Netzabschaltungen dienen als «Ultima Ratio» und sollen nach Möglichkeit vermieden werden.
Spitex Schweiz ist mit dem zuständigen Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS in Kontakt und hat dabei auch festgehalten, dass Spitex-Organisationen im Falle von Verbrauchseinschränkungen und Kontingentierung ausgenommen werden sollten, um die Grundversorgung sicherzustellen.
Das BWL hält gegenüber Spitex Schweiz (und gegenüber anderen Verbänden der Gesundheitsversorgung) fest, dass situationsabhängig bestimmte relevante Betriebe teilweise oder ganz von Bewirtschaftungsmassnahmen (auch von den Kontingentierungen) ausgenommen werden können. Diese Beurteilung sei aber erst in der konkreten Krisensituation möglich und werde durch den Bundesrat kommuniziert. Von Seiten des BABS wurde uns bestätigt, dass auch Spitex-Betriebe dem kritischen Teilsektor der medizinischen Versorgung zugeordnet werden (wie etwa Spitäler oder Pflegeheime).
Alle Betreiber seien angehalten, ihr Energiesparpotenzial im Fall einer Strommangellage auszuschöpfen. Die Spitex wäre im 4-stufigen Eskalationsmodell möglicherweise in Stufe 3 betroffen (je nach Entscheid des Bundesrates), sicherlich aber in Stufe 4. Auf der Stufe 4 (zyklische Netzabschaltungen) sei es aus technischen Gründen nicht möglich, einzelne Strombezüger von der Abschaltung auszunehmen. Zyklische Netzabschaltungen würden immer gebietsweise erfolgen und es wären alle Bezüger innerhalb des Gebiets betroffen.
Bei zyklischen Netzabschaltungen (Stufe 4) sind auch alle Bürgerinnen und Bürger betroffen. Das bedeutet, dass in den Wohnungen kein Licht mehr brennt, keine WLAN-Verbindungen mehr funktionieren, die Wasserpumpen in den Gebäuden nicht mehr funktionieren und ganz generell keine elektrischen Geräte betrieben werden können. Ebenfalls dürfte die Kommunikation über Mobilfunk mit den Mitarbeitenden der Spitex nicht mehr, oder nur noch eingeschränkt möglich sein.
Vorbereitung der Betriebe auf eine Strommangellage (vor allem für Grossverbraucher ab 100'000 kWh pro Jahr)
Als Vorbereitung auf das mögliche Eintreten einer Strommangellage wird Grossverbrauchern empfohlen, verschiedene Optionen für Stromeinsparungen zu entwickeln und zu beurteilen. Dabei sollen die folgenden, zentralen Fragen beantwortet werden:
- Welche Optionen gibt es, um den Stromverbrauch zu verringern? Was kann reduziert betrieben oder temporär eingestellt werden?
- Wie gross sind die Sparmöglichkeiten für diese Optionen?
- Welche Vorbereitungen braucht es, um die verschiedenen Optionen umsetzen zu können?
- Wie sind die Verantwortlichkeiten im Unternehmen geregelt?
- Wer ist für welche Themen zuständig?
- Unterstützung für diese Vorbereitungsarbeiten bietet auch der Stromratgeber der wirtschaftlichen Landesversorgung www.strom-ratgeber.ch.
Selbstverständlich sind alle Spitex-Organisationen aufgefordert, einen sinnvollen Beitrag zur Energiereduktion zu leisten, in der aktuellen Situation, aber auch bei künftigen Sparappellen des Bundes – unabhängig davon, ob sie als Grossverbraucher gelten oder nicht.
2. Blackout
Definition: Im Gegensatz zur Stromangellage ist bei einem Blackout in der Regel genügend Energie vorhanden, um die Nachfrage zu decken. Eine Verkettung unglücklicher Umstände führt aber dazu, dass die Energie nicht mehr vom Kraftwerk zu den Konsumentinnen und Konsumenten transportiert werden kann. Wenn zum Beispiel ein Naturereignis zum Ausfall von Netzelementen führt, kann dies eine Überlastung anderer Elemente zur Folge haben, die sich dann automatisch abschalten. Swissgrid (die nationale Netzgesellschaft und für den sicheren Betrieb und die Überwachung des Schweizer Übertragungsnetzes verantwortlich) rechnet damit, dass nach einem grossen Störfall das Netz nach rund 24 Stunden wieder aufgebaut ist. Die Prozesse dazu sind bekannt und der Wiederaufbau des Netzes wird regelmässig mit den entsprechenden Partnern geübt.
Das Thema der kontinuierlichen Energieversorgung hat in vielen Organisationen bereits in der Vergangenheit Eingang in das «Chancen- und Risikomanagement» gefunden. Der jederzeitige Zugriff auf die (digitalen) Patientendossiers, die Einsatzpläne oder der Weiterbetrieb interner und externer Server ist gemäss Rückmeldungen Thema in vielen Spitex-Organisationen. Teilweise stellen Spitex-Informatikfirmen und Softwareanbieter auch entsprechende Notfallsysteme zur Verfügung (z.B. Notfall-Notebook). Damit können etwa Einsatz- oder Medikationspläne auch bei einem (nicht anhaltenden) Stromausfall sichergestellt werden. Das «Chancen- und Risikomanagement» sollte betreffend die Situation eines Blackouts überprüft werden.
Der Bund stellt klar, dass er keine Investitionen von Unternehmen übernimmt, die im Zusammenhang mit Vorbereitungsmassahmen getätigt werden. Sie werden grundsätzlich als Teil des Risikomanagements/Business Continuity Managements eines Unternehmens betrachtet.
Quelle: Spitex Schweiz
Weitere Informationen
Webseiten
https://www.bwl.admin.ch/bwl/de/home/themen/energie.html
Weiteres
Faktenblatt Energie (PDF, 445 kB, 29.06.2022)
Faktenblatt: Die Massnahmen im Fall einer Gas-Mangellage im Überblick (PDF, 285 kB, 20.07.2022)
Faktenblatt Strom-Mangellage (PDF, 464 kB, 29.06.2022)
FAQ Strommangel https://www.ostral.ch/system/files/media/documents/2021-ostral-faq-strommangellage_2.pdf
Kurzfilm zu Strommangellage (2’40’’) https://youtu.be/2JnCcA4oM_Q
Zurück