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01.11.2024

Interprofessionelle Zusammenarbeit in der niederschwelligen Suchtarbeit - mehr als die Summe ihrer Teile

von Barbara Seger, Leiterin Wiler Integrations- und Präventionsprojekte

Die Arbeit in der niederschwelligen Suchthilfe ist durch die Zusammenarbeit diverser Professionen gekennzeichnet. Dies liegt daran, dass schon der Begriff «Sucht» mehrdimensional ist und je nach Blickwinkel und Profession als medizinisches oder als soziales Problem betrachtet und be­handelt werden kann. Suchterkrankungen können auch als psychiatrische oder neurobiologische Probleme angesehen werden.

Sucht hat viele Gesichter: Oft tritt sie sehr eng mit psychiatrischen Erkrankungen wie Depression, ADS/ADHS oder mit Psychosen und in Kombination mit weiteren psychiatrischen Erkrankungen auf. Auch so­matische Erkrankungen begünstigen Sucht und führen oft zu sozialer Isolation und Einsamkeit. Menschen, die unter einer langjährigen Suchtmittelerkrankungen leiden, entwickeln zudem Fol­geerkrankungen und Beschwerden sowohl somatischer wie auch psychiatrischer Natur. Dieser Umstand bedingt, dass Fachpersonen, die mit Suchtpatient:innen arbeiten, auch ein entspre­chendes suchtmedizinisches Fachwissen, Verständnis sowie Wissen aus anderen Professionen mitbringen sollten. Die Haltung und das Konzept der Schadenminderung spielen dabei eben­falls eine grosse Rolle.

Wenn wir Menschen mit einer Suchterkrankung begleiten und behandeln wollen, dann hängt die Qualität der Behandlung oft stark davon ab, wie gut die verschiedenen Professionen sich verständi­gen und zusammenarbeiten können. Gelingt eine gute Zusammenarbeit zwischen medizinischen, psychiatrischen, sozialpädagogischen und sozialarbeiterischen Akteuren, kann sich die Lebens­qualität der betroffenen Personen immens verbessern. Gerade im ambulanten Bereich gibt es sehr viele Möglichkeiten, in der Lebenswelt der Kli­ent:innen Prozesse durch gelungene interprofessionelle Zusammenarbeit anzuschieben, um die Probleme der suchterkrankten Menschen zu lindern. Folgen davon können sein, dass sich der Suchtmittelkonsum stabilisiert, die Klient:innen sich wie­der vermehrt an Aktivitäten beteiligen und ihre sozialen Kontakte wieder mehr pflegen.

Dank einem idealen Zusammenspiel von Angeboten der Spitex und der Sozialen Arbeit wird es für Menschen mit einer langjährigen Suchterkrankung möglich, in einer eigenen Wohnung zu leben. Auf der einen Seite erhalten sie von der Spitex pflegerische und psychiatrische Unterstüt­zung, und auf der anderen Seite unterstützt die Soziale Arbeit im lebenspraktischen Bereich durch Begleitungen und psychosoziale Unterstützung. Auch das Regeln der finanziellen Belange trägt dazu bei, dass sich die Lebenssituation von Klient:innen verbessert. Diese Kooperationen ermöglichen ein nahezu selbstbestimmtes Leben. Ganz nebenbei werden durch diese niederschwelligen ambulanten Versorgungsangebote die Kassen der Gemeinwesen nicht unwesentlich entlastet.

Da sich interprofessionelle Zusammenarbeiten als sehr wertvoll erwiesen haben, hat sich auch der Fachverband Sucht mit dieser Thematik beschäftigt und dazu das "Lenzburger Modellkonzept zur Zusammenarbeit von Spitex und Suchthilfe" entwickelt. Persönlich hoffe ich, dass dieses Modellkonzept in möglichst vielen Spitex-Einrichtungen Einzug findet und zur Anwendung kommt. Ich bin der festen Überzeugung, dass Kooperationen zwischen der Spitex und der Sozialen Arbeit und das gegenseitige Verständnis für die jeweils unterschiedlichen Zielsetzun­gen eine grosse Zukunft haben und eine Erfolgsgeschichte schreiben werden. Es ist für alle ein Gewinn – insbesondere für unsere Klient:innen. Aber auch für die Spitexfachleute und die Fachkräfte der Sozialen Arbeit können die verschiedenen fachlichen Herangehensweisen, Ausrichtungen und das fachliche Knowhow aus den verschiedenen Professionen ein grosser Gewinn und eine Erweiterung des Aktionsfeldes sein, um künftigen Herausforde­rungen in der ambulanten Versorgung von Menschen mit Suchterkrankungen interprofessionell zu begegnen und Aufgaben gemeinsam zu bewältigen.
 

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